Case Study
Die Siegerlandhütte wird virtuell
Mithilfe von 3D-Laserscanning lassen sich Daten schnell und präzise erfassen, um genaue 2D-Modelle und 3D-Digitalzwillinge erstellen. Der Vermessungsingenieur Hilmar Schröder setzt diese innovative Scantechnologie zur Unterstützung von Renovierungsplanung und Erstellung virtueller Touren für die Siegerlandhütte in Österreich ein.
Hilmar Schröder, Vermessungsunternehmer mit Sitz in Wilnsdorf im Siegerland, wurde vom Deutschen Alpenverein (DAV) beauftragt, die Siegerlandhütte in den Stubaier Alpen zu vermessen und einen digitalen 3D-Zwilling für virtuelle Rundgänge und die Planung der Renovierung zu erstellen - ein Projekt, das ihm als Hobbyalpinisten und engagierten Vermesser besonders am Herzen liegt.
VERMESSUNGSTEAM
Mit seinem engagierten vierköpfigen Team bedient Schröder Kunden aus verschiedenen Branchen, darunter Industrie, Schiffbau, Denkmalschutz und Immobilienwirtschaft. Erfasste Kundendaten unterliegen strenger Vertraulichkeit. Deshalb nutzt er zur Verfügung gestellte Projektdaten gerne, um potenziellen Kunden die vielfältigen Möglichkeiten von 3D-Laserscanning, Lasertracking und Unmanned Aerial Vehicle (UAV) zu demonstrieren. Zur Datenerfassung der Siegerlandhütte, setzt Schröder verschiedene Laserscanner von Leica Geosystems, einem Unternehmen von Hexagon, ein. Auch das deutsche Team des Schweizer Anbieters konnte sich schnell für das länderübergreifende Projekt begeistern und stellte zusätzliches Equipment zur Verfügung.
DIGITALER ZWILLING
Ein digitaler Zwilling ist ein vollständiges und detailgetreues digitales Abbild in 3D eines in der Realität existierenden Objektes wie Häuser, Brücken, Bahnhöfe, Tunnels, Fabrikanlagen, Autos, Flugzeuge und vieles mehr. Typischerweise entstehen heute diese digitalen Zwillinge bereits bei der Planung und Konstruktion. Für eine fast 100 Jahre alte Berghütte existieren keine Papierpläne mehr, die man digitalisieren könnte. Der DAV plant für die kommenden Jahre einige Renovierungsarbeiten in der Siegerlandhütte. Das Ausmessen mit Maßband oder Zollstock wäre mühevoll und zeitaufwändig und die Hütte müsste erst einmal wieder in einem CAD-Programm nachgezeichnet werden. Schneller geht diese Aufgabe mit modernen 3D-Laserscanning-Technologien. Mit dem 3D-Zwilling hat der DAV die millimetergenaue Grundlage für die Planung von Umbauten, Erweiterungen und Renovierungen. Zusätzlich plant der DAV die Bereitstellung virtueller Touren für die Wanderer. Und sollte die Hütte einmal beschädigt werden, z. B. durch einen Brand, kann das Modell als Grundlage für eine authentische Restaurierung dienen.
REISE ZUR SIEGERLANDHÜTTE
Die Siegerlandhütte, eine Hütte des Deutschen Alpenvereins (DAV), Sektion Siegerland, befindet sich in 2.710 Meter Höhe östlich von Sölden im Ötztal, umgeben von den Stubaier Alpen. Sie wurde in den Sommern 1928/29 erbaut und ist einem Renaissanceschloss nachempfunden. Die Hütte übt eine besondere Anziehungskraft auf viele Siegerländer aus – tatsächlich kommen 75 % der Hüttenbesucher aus dem Siegerland. An einem Montagmorgen Ende Juni 2023 begann Hilmar Schröder mit 3 Kollegen den Aufstieg zur Hütte. Im Gepäck befanden sich sämtliche Messinstrumente, insgesamt etwa zwölf Kilogramm schwer. Nach einem vierstündigen Aufstieg über acht Kilometer und 750 Höhenmeter erreichte das Team die Hütte und startete direkt mit der Vermessung.
Mithilfe des Leica RTC360 wurden insgesamt 77 Standpunkte erfasst, was etwa der Hälfte des gesamten Innenbereiches entspricht.
Am folgenden Tag werden zusätzlich BLK2GO und Drohne eingesetzt. Da vormittags ein Helikopter die Photovoltaikanlage für das Dach der Hütte lieferte und Monteure installierten, musste der Einsatz der Drohne aus Sicherheitsgründen vorübergehend pausieren. Dennoch gelang es dem Team bis zum frühen Nachmittag, die Siegerlandhütte vollständig zu erfassen. Das Team entschied sich im Anschluss aus Witterungsgründen für einen spontan Abstieg noch am selben Tag. „Hüttenübernachtungen sind nicht jedermanns Sache. Hier oben herrschen auch im Sommer nachts Temperaturen um den Gefrierpunkt“, erklärt Schröder mit einem Augenzwinkern.
ARBEIT IM BÜRO
Nach Rückkehr des Teams erfolgte die Verarbeitung der erfassten Daten. Zunächst wurden alle Punktwolken, die mit den Scannern und mit der UAV-Befliegung generiert wurden, passgenau zueinander ausgerichtet.
Die Daten aus den Scannern sind dank der Kameraaugen im RTC360, des LiDAR-Doms am BLK2GO und der Feld-Software Leica Cyclone FIELD 360 bereits grob ausgerichtet.
Alle Punktwolken werden in Leica Cyclone REGISTER 360 PLUS miteinander verknüpft, das Rauschen wird beseitigt, eine schnelle Klassifizierung durchgeführt, Daten anonymisiert und vieles mehr. Dieser Workflow bereitet die Daten für die Veröffentlichung in einer Reihe gängiger Formate – branchenübliche sowie diejenigen von Leica Geosystems – für die Analyse oder Weitergabe an andere Softwaresysteme vor.
Mit Leica CloudWorx erzeugt das Team von Hilmar Schröder Grundrisse, Schnitte und verschiedene Ansichten, um genaue Pläne der Siegerlandhütte liefern zu können. Mit Leica Cyclone 3DR wird ein exaktes, texturiertes 3D-Modell der Hütte generiert und der virtuelle Rundgang erstellt. Dieser digitale Zwilling der Hütte wird auch für die Simulation von Planungen für den Umbau, insbesondere zur Visualisierung von Entwurfs- und Raumplanung, genutzt.
Die präzisen und vollständigen Daten aus den rund zehnstündigen Vermessungsarbeiten vor Ort wurden mit intuitiven Software-Modulen in wenigen Tagen zu Ergebnissen verarbeitet, die der DAV effizient nutzen kann.