Vordenker
Erfolgreiche Partnerschaften in einem sich wandelnden Marktumfeld
In Märkten, die sich heute immer schneller entwickeln, sind starke Partnerschaften der Schlüssel zu effektiver Zusammenarbeit. Insbesondere in Branchen, die durch steten technologischen Fortschritt gekennzeichnet sind, lassen sich in Form von Kooperationen verschiedener Interessengruppen transformative Ergebnisse erzielen.
Geospatial Content Solutions (GCS) von Hexagon verknüpft die hundertjährige Tradition von Leica Geosystems bei luftgestützten Sensoren mit jahrzehntelanger Expertise in der Kartierung. Das Hexagon Content Program ist daraus hervorgegangen. Heute setzt GCS seine Innovationsarbeit mit Partnerschaften fort, die darauf abzielen, das gesamte Content-Ökosystem zu bereichern. In diesem Interview erläutert John Welter, President GCS bei Hexagons Geosystems Division, das Zusammenspiel von technologischer Innovation und Geschäftsentwicklung bei Hexagon, um den Anforderungen einer Welt im Wandel gerecht zu werden.
Technologische Innovation und Verdrängung entwickelt sich rasant, und der Geodaten-Sektor ist davon nicht ausgenommen. Wie hat sich GCS im Zeitverlauf an die ständigen Veränderungen in der Branche angepasst?
Wir haben den Fokus auf zwei Bereiche gesetzt – Technologie und Business. Was die Technologie von GCS betrifft, sprechen wir von Hardware und Software zur Datenerfassung und -verarbeitung. Bei der Hardware haben wir unser Sortiment von Filmkameras hin zu digitalen Sensoren entwickelt, und vor kurzem zusätzlich hybride Lösungen eingeführt. Diese Hybrid-Sensoren erfassen gleichzeitig Luftbilder und LiDAR-Daten, im Grunde eine Kombination unserer beiden wichtigsten Produkte. Bei der Software wurde die Entwicklung durch die Cloud und damit die Verarbeitungsmöglichkeit immer umfangreicherer Datensätze vorangetrieben. Projekte, die früher über ein oder zwei Jahre liefen, werden jetzt in 30 Tagen abgeschlossen.
Bei Hexagon haben wir nicht nur bedeutende technologische Entwicklungen durchlebt, sondern auch innovative Unternehmensveränderungen. Wir waren in der privilegierten Lage, mit großen Technologieunternehmen zusammenzuarbeiten, die Geodaten für die Vereinigten Staaten oder ganz Europa benötigten. Diese beauftragten lieber eine einzige Organisation, die ein konsolidiertes Produkt mit zuverlässigen Spezifikationen liefern konnte, anstelle vieler regionaler Anbieter für luftgestützte Kartierung.
Wir stellten die Nachfrage nach einem globalen Datenstrom fest, und so entstand das Hexagon Content Program. Unsere Kunden wussten zwar, wie man unsere Hardware- und Softwaretechnologie nutzt, hatte aber unter Umständen nicht die globale Präsenz. Also haben wir einen Paradigmenwechsel beschlossen, um große Projekte mit dem Hexagon Content Program bewältigen zu können.
Heute freuen wir uns sagen zu können, dass 60 % bis 70 % der Daten, die wir jährlich erfassen, von unseren eigenen Kunden luftgestützter Sensoren stammen – den regionalen Luftvermessungsunternehmen. Durch die Übernahme von Northwest Geomatics, KASI Aviation und COWI, bearbeiten wir einige Gebiete selbst, aber der Großteil wird von unseren Sensorkunden geflogen. Während des Verarbeitungs-Workflows machen wir dann alle Datenprodukte konsistent und bringen sie auf den Markt.
Für Hexagon war die bedeutendste Innovation der letzten Jahre die Kombination unserer Technologie mit dem Fachwissen unserer Kunden in Form von Partnerschaften, um die Anwender auf der ganzen Welt effizient zu bedienen.
Können Sie näher erläutern, in welcher Form genau GCS solche Partnerschaften eingegangen ist, um sich ändernde Marktbedingungen zu bewältigen?
Bei GCS modernisieren wir Geschäftsmodelle rund um das Thema Mapping mit dem Ziel, das gesamte Content-Ökosystem nachhaltiger zu gestalten. Dies bedeutet, den Weg für jene Kartierungsexperten und Kunden luftgestützter Sensoren zu ebnen, die seit vielen Jahren Teil der Branche sind
und diese nachhaltig zu unterstützen. Das hält die Branche gesund, um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden, und schafft Jobmöglichkeiten für junge Talente, die nachfolgen.
Aus Unternehmenssicht bindet Nachhaltigkeit Experten in diesem Bereich und hilft, die neuen Anforderungen an Daten zu erfüllen. Wenn alle Vermesser oder Photogrammeter verschwinden würden, was würde dann geschehen? Wir glauben, dass wir nur weiter wachsen können, wenn auch unsere Kunden erfolgreich sind. Es gibt nicht viele neue Unternehmensgründungen im Bereich der luftgestützten Kartierung. Darum gilt es, unsere jetzigen Kunden beim Ausbau ihrer Geschäftstätigkeiten partnerschaftlich zu unterstützen.
Können Sie einige Beispiele für erfolgreiche Partnerschaften innerhalb des Content-Ökosystems nennen?
Ich möchte hier zwei erfolgreiche Partnerschaften näher erläutern. Zunächst GeoSpace International, ein sehr guter südafrikanischer Kunde und langjähriger Anwender von Leica DMC, einer großformatigen photogrammetrischen Digitalkamera-Serie für die Kartierung. Derzeit arbeitet das Unternehmen mit dem neuesten Modell DMC III. GeoSpace bekam den Zuschlag für ein Großprojekt zur Erfassung von Höhendaten für Südafrika. Dazu hatte das Team zwar die Erfassungskapazität, nicht aber die Verarbeitungskapazität. Wir wurden um Unterstützung gebeten.
"Für Hexagon war die bedeutendste Innovation der letzten Jahre die Kombination unserer Technologie mit dem Fachwissen unserer Kunden in Form von Partnerschaften, um die Anwender auf der ganzen Welt effizient zu bedienen.”
Zu diesem Zeitpunkt war das Hexagon Content Program in Nordamerika und Westeuropa bereits voll einsatzbereit. Wir stellten ungefähr 5,18 Millionen Quadratkilometer an Luftbilddaten pro Jahr zur Verfügung. Zur Verarbeitung über die Cloud hatte Hexagon zusätzlich weitere Zentren in Kanada, den USA und Polen eingerichtet. Und wir verfügten über das Personal vor Ort für einen reibungslosen Betrieb. Zusätzlich hatten wir Produktspezifikationen und Workflows entwickelt, um Daten mit gleichbleibender Qualität über große Gebiete hinweg zu liefern. Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit GeoSpace hatten wir unseren Workflow und unsere Kapazität angepasst. Genau darum geht es – neue Wege zu finden, die unsere Kunden voranbringen.
Im zweiten Beispiel nutzen wir Synergien mit einem führenden branchenfremden Unternehmen. Cyclomedia, mit Sitz in den Niederlanden, war eines der ersten Unternehmen für Mobile Mapping, welches Fahrzeuge mit Kameras und LiDAR einsetzte, um Datensätze mit 360-Grad-Straßenansicht zu erfassen. Vor ein paar Jahren erhielt Cyclomedia erstmals Kundenanfragen zur Abbildung vollständigerer Szenarien, im Grunde also die Erfassung digitaler Zwillinge der gesamten Umgebung.
Die Erstellung eines 3D-Digitalzwillings einer städtischen Umgebung würde eine Kombination von Luftbilddaten aus der Vogelperspektive mit den Mobile Mapping-Daten von Cyclomedia erfordern. Wir haben mehrere Projekte gefahren, was schließlich zum 'Supermesh' führte, einem superrealistischen Datensatz, der terrestrische Daten mit Luftbilddaten kombiniert. Dieser kann in zahlreichen 3D-Anwendungsbereichen eingesetzt werden. Wir sehen ein starkes Wachstum in diesem Sektor, und in den kommenden Monaten werden hierzu sicher weitere Informationen seitens Hexagon und Cyclomedia folgen.
Die Partnerschaft mit Cyclomedia zeigt, wie zwei Unternehmen ihre Expertise gebündelt haben, um gemeinsam erfolgreich einen neuen Markt zu bearbeiten. Hexagon ist ein kreatives und flexibles Unternehmen und wir sind immer offen für erfolgversprechende Ideen und Konzepte. Durch die Bündelung unserer Kompetenzen können wir die gesamte Geospatial-Branche voranbringen.
Abgesehen vom privaten Sektor – welche Trends beobachten Sie im öffentliche Sektor? Können Sie einige Einblicke teilen?
Vor einigen Jahren hatte sich im öffentlichen Sektor das 'National Aerial Photography Program' (NAPP), das alle fünf Jahre Daten erfasste, zum aktuellen 'National Agricultural Imagery Program' (NAIP) mit einer Datenerfassung im Abstand von zwei Jahren entwickelt. Infolgedessen sind die Interessengruppen vielfältiger geworden. In einigen Fällen sehen wir Dutzende verschiedener Kunden, die ihre Mittel zusammenlegen. Die Herausforderung besteht darin, dass jeder Kunde unterschiedliche Anforderungen, Spezifikationen und Erwartungen an die zu erfassenden Daten hat. In diesem Zusammenhang bringen wir ihnen die Bedeutung der Standardisierung näher.
Die zunehmende räumliche Auflösung ist eine weitere große Veränderung, die mit NAIP und anderen Programmen des öffentlichen Sektors eingetreten ist. Diese reduzierte sich von zwei Metern auf einen Meter, auf 60 Zentimeter und derzeit immer häufiger auf 30 Zentimeter. Eine höhere Auflösung bedeutet auch, mehr Daten zu größeren Datensätzen zu verarbeiten und zur Verfügung zu stellen, was für uns und unsere Kunden Herausforderungen mit sich bringt.
Auch auf die Erwartungen der Generation Z und der Millennials müssen wir vorbereitet sein. Per Klick ist für sie mobil alles verfügbar. Die Vorstellung, jahrelang auf ein Karten-Update zu warten, ist für diese Generation sicher befremdlich. In mancher Hinsicht ist dies auch gut für die Geoindustrie.
mit sich bringt. Die Bedeutung von Cloud-Lösungen wächst aus diesem Grunde. Wir mussten zur Bereitstellung von Daten in Hochauflösung unsere Systeme ebenfalls anpassen — es fließt viel Aufwand und Arbeit in Systeme wie Hexagon Digital Reality (HxDR).
Interessant ist, dass einerseits die Nachfrage die technologische Entwicklung bedingt, und andererseits die Technologie die Nachfrage vorantreibt. Das wird am Beispiel künstlicher Intelligenz (KI) ersichtlich und der damit verbundenen Möglichkeit, Daten in einem häufigeren Zyklus zu erfassen und zu verarbeiten. Dies beeinflusst Branchen und Anwendungsbereiche. Im privaten Sektor gibt es Unternehmen, die ständig städtische Gebiete überfliegen, Bilder erfassen und KI einsetzen, um Veränderungen wie Sturmschäden zu verfolgen. Es gibt mehrere Unternehmen, die sich auf regelmäßige Bildaktualisierungen stützen, um auf den Versicherungsschutz von Dachreparaturen für Häuser, die von Hagel und Sturmschäden betroffen sind, abzuzielen. Die Nachfrage treibt die Technologie voran und es eröffnen sich völlig neue Anwendungsbereiche.
Angesichts der fortlaufenden Entwicklung der Geobranche, wie beurteilen Sie die Auswirkungen der Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt?
Das ist schwierig. Wir verzeichnen branchenweit definitiv einen Qualifikationsmangel. Früher waren Photogrammetrie und Vermessung bekannte Studiengänge an den meisten technischen Universitäten. Jetzt liegt der Fokus des Lehrangebots eher auf Bauingenieurwesen, GIS oder Geographie. D.h. Nachwuchskräfte, die in die Branche kommen, haben nun einen ganz anderen Bildungshintergrund.
Auch auf die Erwartungen der Generation Z und der Millennials müssen wir vorbereitet sein. Per Klick ist für sie mobil alles verfügbar. Die Vorstellung, jahrelang auf ein Karten-Update zu warten, ist für diese Generation sicher befremdlich. In mancher Hinsicht ist dies auch gut für die Geoindustrie. Wenn diese Generation innerhalb der Branche eine Karriere anstrebt, wird sie die im Vorfeld beschriebenen technologischen Entwicklungen und Innovationen beschleunigen wollen. Aber hier könnte uns die Ausbildungslücke zum Verhängnis werden. Es gilt, die Kluft zwischen Erwartungen und Fähigkeiten zu überbrücken, um die Technologie weiter voranzubringen. Das wird nicht ohne Kompromisse gehen.
Die Geoindustrie muss lernen, besser mit der Wissenschaft zusammenzuarbeiten und umgekehrt. Um diese Lücke zu schließen, bedarf es tiefgreifender Veränderungen. Junge Menschen heute möchten ein Leben voller Spannung. Als ich ein junger Mann war und bei Northwest Geomatics arbeitete, sah ich die Welt vom hinteren Teil eines Flugzeugs aus, während ich eine Kamera bediente. So abenteurlich sind die meisten Berufe heute nicht. Universitäten müssen diesen spannenden Aspekt einer Tätigkeit in der Geobranche besser unterstreichen.
Wir müssen alle den jungen Menschen nahebringen, dass ein Job im Bereich Vermessung und Kartierung spannend und abwechslungsreich ist – vom Schutz gefährdeter Arten über die Rettung des Regenwaldes bis hin zum schonenden Umgang mit Umweltressourcen. Industrie und Lehre sollten zusammenarbeiten, um die vielen Möglichkeiten aufzeigen, die einen Beruf in der Geobranche so reizvoll macht.